Körner eines Autisten. Gefühle, eine Taube
Mit Skye Winkelmann und Barbara Sadowski, Idee und Regie: Nikša Eterović
Spielraum,kostüm: Yulia Subbotina, Lichtdesign: Sophia Sadowski, Therapeutische beratung :Laura Schlegel,
Kamera,Schnitt : Viktor Hoffmann, Assistenz: Mandy und Michael Winkelmann
Haus Conradshöhe (Kapelle), Samstag 12. Oktober 2024 (Uraufführung)
Wirft philosophische Fragen auf
Vollzug
was ist
Teilhabe
was ist therapeutisches Theater?
was ist Autismus?
Eisblock
was ist Regie?
wer bin ich?
was vermittelt sich?
Ich schreibe:
Etwas vollzieht sich.
Etwas vollzieht sich vor meinen Augen.
Ich kann es nicht entschlüsseln, aber ich fühle, dass ich teilhabe.
Ich bin berührt, dass ich teilhaben darf.
Ich fühle, dass sich durch meine Teilhabe auch für mich etwas Bedeutsames vollzieht.
Meine Gedanken dazu sind widersprüchlich.
Es ist, was es ist, und nicht, was ich erwarte.
Es ist so intensiv, wie ich gehofft hatte, vielleicht mehr sogar,
aber ich kann es kaum entschlüsseln.
Ich bin, ohne es entschlüsselt zu haben, trotzdem
dankbar. Ich bedanke mich bei den Beteiligten.
Ich bedanke mich bei Skye. Skye erlaubt,
dass ich ihm die Hand gebe.
Ich bin beeindruckt von Skyes Führung, von ihrer Klarheit, ihrer
Entschiedenheit, ihrer Bescheidenheit, ihrer Einfachheit, ihrer
Gewalt. Er tut, was er tut.
Er sagt, was er sagt. Er singt.
Er baut. Er sucht. Er lässt sich sein.
Er lässt mich bei sich sein.
Er schenkt mir ein Geschenk.
Es ist, in einem Raum, der für Gottesdienste gedacht war, ein Dienst, der irgendwie mehr und
irgendwie überhaupt erst in ganzer Wirklichkeit Gottesdienst ist.
Es ist nicht therapeutisch, es ist metaphysisch.
Wir haben über Artaud gestritten. Dies ist Artaud. Es ist die Pest.
Die Gewalt explodiert nicht, sie ist geballt. Sie ist weich. Sie ist in ihrer gemessenen Bewegtheit spontan.
Was hüpft da um Skye herum und macht
viel zu große Bewegungen, bedrängt ihn, verdrängt ihn.
Es kommt zu Begegnungen.
Es kommt zu Berührungen.
Ein Ernst breitet sich aus, der alles erfasst.
Wenn Skye spricht und singt,
verstehe ich ihn nicht und bin doch gebannt.
Seine eigene, ureigene Sprache.
Die ureigene Sprache der Menschheit in ihm.
Der Autist ist der wahre Jesus.
Was sich hier mit mir vollzieht ist so tief,
so geheimnisvoll, so einfach,
so fragmentarisch.
Es ist wie eine zweite Geburt.
Dem Regisseur, der dieses nicht hergestellt haben kann, der es aber im besten Sinne begleitet hat, scheint es zu gehen, wie mir. Er sagt, es sei (nach sehr vielen Arbeiten) seine erste Regie.
Wer therapiert wen?
Paul Baiersdorf, 13.10.2024