ART AGAINST PAIN – Ein Bericht
(über die ersten drei Monate der Initiative, vom 22.03. bis 22.06.2023)
Von „Im Rotem Rahmen“ zu „Art Against Pain“
Als ich das Projekt während eines Live-Coachings mit Regina Kalysch zu konzipieren begann, wusste ich gleich, dass „Im Roten Rahmen: Ukraine“ der Anfang von etwas Größerem sein könnte, der Beginn einer Initiative, einer zukünftigen Organisation…
Am 9. März 2023 wurde die Idee eines Projekts für Kiew geboren; am 13.03. haben wir dann beschlossen, es tatsächlich zu realisieren.
22. März 2023: Als eigentliches Geburtsdatum der Initiative notiere ich ein Gespräch, in dem wir darüber nachdachten, wie das Projekt „Im Roten Rahmen: Ukraine“ als Work in Progress weiterentwickelt werden könnte.
Am 26. April 2023 erhielt die Initiative den Namen ART AGAINST PAIN, nach einem Prozess des Crowdsourcing mit fünfzig Personen, die online ihre Vorschläge unterbreiteten. Die Suche nach einem Namen führte von einem ersten Vorschlag, ART NOW – HEALING NOW, über POETICS OF PAIN bis eben zu ART AGAINST PAIN, dem Vorschlag, der von allen Berteiligten angenommen wurde.
Am 2. Mai 2023 wurde das Projekt „Im Rotem Rahmen: Ukraine“ vom Museum über die Besatzungsgeschichte Kyivs als Mitorganisator angenommen.
Spätestens jetzt wurde klar, dass es notwendig sei, die Initiative „Kunst gegen den Schmerz“ in einer rechtlichen Form zu organisieren und registrieren zu lassen.
Gleichzeitig begannen wir, noch intensiver an der Vorbereitung und Konkretisierung des ersten Projekts zu arbeiten.
„Im Roten Rahmen: Ukraine“ – das erste Projekt
Die Aggression der Russischen Föderation gegen den souveränen Staat Ukraine ist eine blutige Grausamkeit mit schwerwiegenden Folgen für gegenwärtige und künftige Generationen.
Unser Projekt ist ein Schrei aus unserer Hilflosigkeit und Wut heraus.
Ein Schrei ist wesentlich ein lautes Ausatmen aus vollem Halse. Der Schrei erschüttert unseren ganzen Körper. Das Leben in dieser einzigen Welt, die wir haben, ist voller Katastrophen, Kriege, Gewalt und Ungerechtigkeiten. Schreien setzt Energie zur Erneuerung frei.
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Der Rote Rahmen ist eine künstlerische Methode mit therapeutischer Wirkung. Dabei werden die eigenen Gedanken und Gefühle zu einem bestimmten Thema durch Text und Bild in einem roten Rahmen eingefangen. In Anlehnung an jene künstlerischen Tendenzen gegen Ende des 20. Jahrhunderts, sich aus dem klassischen Bilderrahmen herauszubewegen, bleibt auch das, was im Roten Rahmen erscheint, nicht einfach dort stehen, sondern bewegt sich in weiteren Schritten aus dem Bild heraus – durch Stimme, Bewegung, Dialog und Aktion.
„Der rote Rahmen ist eine Abgrenzung. Er ist die Einkerbung der gekennzeichneten Wunden. Er ist der Rahmen des stillstehenden Moments. Er ist der Umriss des Wesentlichen. Der rote Rahmen kreischt über dem Abgrund des Versteckten, er erhöht die Sichtbarkeit des Ungelösten. Im roten Rahmen kommt das Ungelöste zum Vorschein.“ –
„Der Mensch ist selbst Ästhetik, die Ästhetik ist ja heute die Begleiterscheinung jeder menschlichen Tätigkeit.“ –
Außerhalb des Rahmens steht das, wie wir handeln, und innerhalb des Rahmens steht das, warum wir so handeln. Die Person arbeitet am Bild und bringt das ein, was sie belastet. Der rote Rahmen dient als Auffangnetz für Bilder unseres Moments, von uns selbst -…– im Umriss der Wunde verwundet …“ –
„Jeder Mensch glaubt im Geheimen an seine eigene Größe!“ –
„Die Kunst ist der direkteste Weg der Begegnung mit sich selbst, mit der eigenen Natur.“ –
Zitate aus Buch „Die Poetik der Wunde“ von Nikola „Nikša“ Eterović
Mit diesem Projekt wollen wir Zeugnisse über die Zeit der Aggression und des Widerstandes sammeln: in Bild und Text, mittels Stimme und Bewegung. Alles im roten Rahmen Gehaltene kann als Zeugnis und Erlebnistagebuch präsentiert werden.
Im Roten Rahmen: Ukraine“ wird von der Initiative Art Against Pain aus Berlin in Kooperation mit dem Museum über die Besatzungsgeschichte Kyivs in Kiew selbst realisiert.
ART AGAINST PAIN – Die Ethik dahinter
Die Weltpolitik scheint in vielerlei Hinsicht beschämend uninteressiert, wenn es um die Rechte eines jeden Menschen geht.
Erinnern wir uns nur an das Erdbeben, das Syrien und die Türkei gleichzeitig erschütterte – als die Hilfe nur an einen von ihnen geliefert wurde und die anderen darauf warten mussten. Unsere Haltung gegenüber Geflüchteten aus der Ukraine, die ich voll und ganz unterstütze, nennt sich Freizügigkeit. –Gleichzeitig aber sehen wir sehr deutlich, wie die Haltung gegenüber Geflüchteten aus der arabischen Welt auf unzählige Hindernisse prallt, als ob es sich bei ihnen um Menschen zweiter Klasse handelte. Nicht nur aus diesem Grund ist es sehr wichtig, vom ersten Moment an etwas über die Ethik hinter den Aktivitäten von Art Against Pain zu sagen.
– Wenn Art Against Pain sich an Menschen wendet, die traumatisierenden Ereignissen ausgesetzt sind oder waren, zeigt sich die Initiative einer universellen Ethik verpflichtet, die – unabhängig von religiösen oder politischen Überzeugungen – im Kern stets der Maxime folgt, dass jegliches Leiden zu minimieren sei, wo auch immer menschliches Leid anzutreffen ist.
– Art Against Pain glaubt, dass mit Hilfe der Kunst neuer Lebensmut geweckt werden kann, dass dem Einzelnen frische Energien für das aktive Mitgestalten der eigenen Zukunft zufließen, und dass dieser Effekt wünschenswert ist. Damit folgt Art Against Pain der Maxime, Glück, Schutz und seelisches Wachstum des Menschen zu fördern.
– Art Against Pain betont, dass die Initiative – frei von allen politischen, geopolitischen, religiösen oder weltanschaulichen Voreingenommenheiten – die menschliche Würde, körperliche und seelische Unversehrtheit, ein Leben abseits von Krieg, Unterdrückung, Verfolgung, Ausbeutung, Hunger und Lebensgefahr als grundlegende Werte ansieht, die geschützt gehören.
– Art Against Pain vertritt diese ethischen Positionen und hält an diesen Werten fest, völlig unabhängig davon, welche Unterscheidungsmerkmale die Menschen auszeichnen mögen, die an den Projekten teilnehmen sollen, also unabhängig von ihrer Herkunft, ethnischen Zugehörigkeit und Geschlechtsidentität, von ihrem Alter, ihrer sexuellen Orientierung, ihrem Glauben, ihrer Weltanschauung oder ihrem gesellschaftlichen Status.
Die Projekte wollen dazu beitragen, Selbstheilungskräfte freizusetzen, indem das Erlittene integriert, sein lähmendes Potenzial kontrolliert und ein gangbarer Weg gefunden wird, erneut Mitschöpfer:in des eigenen Lebens zu sein.
Stets wird ein gegebenes Projekt direkt mit den Betroffenen erarbeitet, vorangetrieben und weiterentwickelt.
ART AGAINST PAIN – Gedanken zur Rechtsform
In einer Reihe von Gesprächen wurde deutlich, dass Art Against Pain sich nun zumindest als Initiative aus der Taufe gehoben sieht;
Ziel ist es jetzt, sich spätestens im September/Oktober 2023 als gemeinnütziger Verein zu organisieren.
Wir glauben, dass sich die Initiative mit Hilfe des Vereins nach mehreren erfolgreichen Projekten schließlich als Genossenschaft wird konstituieren können.
ART AGAINST PAIN – Was sind die Tätigkeiten?
Art Against Pain ist eine Initiative von Künstler:innen und Therapeut:innen verschiedenster Richtungen, die sich gemeinsam dem Ziel verschrieben haben, mit ihren Kunstprojekten Wege aus Krisensituationen aufzuzeigen.
Zielgruppen sind Betroffene struktureller Gewalt und Katastrophen, wie Krieg, Ökozid, Vertreibung, Flucht…
Mit den Projekten sollen Menschen genau dort erreicht werden, wo sie sich tatsächlich befinden: sowohl als Verbliebene direkt an den Krisenherden, als auch als Geflüchtete in den Ländern, in denen sie leben.
Die Tätigkeit von Art Against Pain umfasst interdisziplinäre, interkulturelle und interaktive Projekte, Workshops, thematische Diskussionsrunden und Vorträge.
– Art Against Pain ist für Künstler und Kunsttherapeuten ein Ort, an dem unterschiedlichste Projektideen zusammenkommen und gesammelt werden können: ein Künstler:innen- und Projektpool mit großem Potenzial zur Vernetzung, zu zielführender Kommunikation. Kunstschaffende aller Sparten sind aufgefordert, ihre Ideen und Projekte einzubringen und zur Diskussion zu stellen. Die Projekte werden besprochen und gemeinsam weiterentwickelt, es werden Möglichkeiten für die Realisierung geprüft und gegebenenfalls zur Verfügung gestellt.
– Art Against Pain bietet Workshops an. Dieses Angebot richtet sich einerseits an die Initiator:innen der Projekte, andererseits natürlich an die Betroffenen, mit denen zusammen die Projekte realisiert werden. Für die Kunstschaffenden und Kunsttherapeuten, die ein Projekt initiieren wollen, bieten die Workshops eine qualifizierte, kompetente Einführung und Einarbeitung in die Methodik, bzw. die verschiedenen, erprobten Methoden therapeutischen Arbeitens mit Kunst.
– Art Against Pain legt Wert auf Austausch und Vernetzung der die Projekte Initiierenden. Es gibt mehrere Formate des „runden Tischs“, die thematisch auf die jeweils aktuellen Erfordernisse zugeschnitten sind.
– Art Against Pain lädt zu Vorträgen ein. Hierbei liegt das Hauptgewicht auf der Vermittlung von qualifizierter Information zum Thema „Kunst als Perspektive der Heilung“.
Auf Wunsch und mit Zustimmung der Beteiligten kann den Kreationen der jeweiligen Gruppe auch stets eine über das Anfangsprojekt hinausreichende Resonanz verliehen werden.
So besteht in jedem Fall die Option, Ausstellungen, Aufführungen, Konzerte oder öffentliche Aktionen stattfinden zu lassen.
ART AGAINST PAIN – Wo stehen wir heute?
Es ist immer noch schwierig, alle Interessierten gleichzeitig an einem Ort zu versammeln. Ich akzeptiere diese Tatsache und habe mit den meisten von euch Gespräche außerhalb des gewünschten gemeinsamen Termins geführt. In diesem Moment ist es wirklich wichtig, die Verbreitung von Informationen über die Initiative und das erste Projekt zu beschleunigen, damit wir so schnell wie möglich weitere, konkrete Schritte unternehmen und an den Projekten arbeiten können.
Einen wichtigen Impuls für die Entwicklung der AAP-Idee habe ich durch die Mitarbeit in der Entrepreneurship Masterclass der Stiftung Entrepreneurship erhalten. Dort habe ich Menschen kennengelernt, mit denen ich meine eigenen Ideen weiterentwickle und mich an der Ausarbeitung ihrer unternehmerischen Ideen beteilige.
Unter den vielen interessanten Ideen, die man dabei hört, gibt es einige, die mich wirklich zur Zusammenarbeit ermutigen.
So arbeiten Nasiem Mansi und ich derzeit intensiv an der Entwicklung des Sailing Anchor-Projekts, das wir in Zusammenarbeit mit seiner Act Goodness Cooperation und Art Against Pain realisieren wollen
Auf unseren künftigen Treffen werden wir über die Projektideen von jedem sprechen, der eine solche Idee vorstellen möchte, um sie nach Möglichkeit zu einem Projekt weiterzuentwickeln.
Um ein Treffen erfolgreich organisieren zu können, würde ich euch bitten, mich per E-Mail in einem kurzen Text über euer Projekt zu informieren.
Ein Treffen fand am 16. Juni statt, und es war äußerst anregend, Linas Erfahrungen während der therapeutischen Arbeit mit einer Person zu hören, die auf der Flucht ein Kind verloren hat. Sehr bald sprachen wir also über verlorene Kinder, über Konflikte, die Kinder fressen… Kristallisiert sich da bereits ein mögliches neues Projekt heraus? Mit wem? Für wen? Wo? …
Es ist jetzt wichtig, regelmäßige Treffen zu etablieren und den Erfahrungsaustausch groß auf die Tagesordnung zu stellen. Es braucht verbindliche Vereinbarungen, was unsere Zusammenkünfte angeht. Das gilt für Berlin und für jeden Ort, an dem wir die Initiative ausbauen und agieren werden.
Ich empfehle einen regelmäßigen Termin in Berlin jeden dritten Freitag im Monat um 18:30 Uhr.
In den Sommermonaten sollte der Treffpunkt die Kantine des Maxim-Gorki-Theaters bleiben – bei gutem Wetter draußen!
Das nächste Treffen findet also am FREITAG, 21. Juli 2023 um 18:30 Uhr statt.
Unter Anderem werden wir dann über die Arbeitserfahrungen in Kiew berichten, über die allgemeine Stimmung dort sowie über mögliche neue Ideen, die mit dieser Arbeit in Zusammenhang stehen oder sich daraus ergeben.
Und jetzt also Richtung Kiew.
– Das Projekt „Im Rotem Rahmen: Ukraine“ hat begonnen!
Nikša Eterović